Wissenschaftliche Texte - Auszüge I

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Eine der schwierigsten und zugleich interessantesten Besonderheiten der russischen Grammatik (wie auch der Grammatik anderer slawischer Sprachen) ist der so genannte Verbalaspekt.

 

Lesen Sie dazu einen Auszug aus: A.V. Isačenko (1962): Die russische Sprache der Gegenwart.Teil 1. Formenlehre. Halle (Saale), S. 347f. Dieses Buch, in zahlreichen Auflagen erschienen, ist noch immer ein „Klassiker“ der russischen Sprachwissenschaft.

  

„‚Aspekt’ heißt so viel wie ‚Ansicht’, Sicht’. Aus dieser bildlichen Bezeichnung ergibt sich, dass man vermittels des Verbalaspekts einen bestimmten Prozeß oder ein verbal ausgedrücktes Geschehen gleichsam von zwei verschiedenen Blickwarten ‚ansehen’, aus verschiedener Sicht betrachten und das Ergebnis dieser Betrachtung eine ganz bestimmte Stilisierung des Prozesses sprachlich ausdrücken kann.

Das Russische besitzt zwei einander gegenüberstehende Verbalaspekte: den perfektiven und den imperfektiven Aspekt. Es genügt nun, ein Glied dieses Korrelationspaares durch ein wesentliches Merkmal zu definieren, um dann das andere Glied durch das Fehlen des betreffenden Merkmals, also negativ bestimmen zu können.

Das markierte, merkmalhafte Glied der Aspektkorrelation ist der perfektive Aspekt. [...] Der perfektivisch ausgedrückte Prozeß liegt geschlossen im Blickfeld des Sprechers und wird ‚gleichsam von außen’ [...] in seiner Gesamtheit übersehen. [...] mit dem perfektiven Aspekt drückt der Sprechende ein ganzheitlich gesehenes und in sich geschlossenes Geschehen aus.

Der imperfektive Aspekt ist das merkmallose Glied der Aspektkorreklation [...].“